Minigolf-Welt

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Ayla 20.12.2006 16:38

"Angst"
 
Ich möchte da weniger zur Diskussion stellen WIE Angst med. gesehen entsteht - hier "etwas" flapsig erklärt:

"Die seitherige Ansicht dazu, und angeblich gründlichst von allen wissenschaftlichen Disziplinen längst erforscht, ist ja in etwa so, dass wahrscheinlich an irgend einem „Gen-Lokus“ in den Gonaden eine „Expression“ zur Produktion eines „Botenstoffes“ führen würde, der dann seinerseits wahlweise über die linke oder rechte Arschbacke weiter über das Rückenmark in´s Gehirn wandern würde, wo er dann an der Thymus- oder sonstiger „Drüse“ das Staffelholz an ein „Hormon“ weiter reicht, welches dann seinerseits wieder für den einen oder anderen Unfug auf körperlicher Ebene verantwortlich zeichnen würde." kriwetz :rolleyes:

sondern:

ist Angst ein "Schuldgefühl" aufgrund moralischer Gesetze (ob geschrieben oder ungeschrieben) ? Muss "angustia - die Enge“ immer negativ besetzt werden? Wird Angst anerzogen? Muss man Angst "bekämpfen"? Kann "Angst" künstlich(von uns oder anderen) erzeugt und missbraucht werden? Kann ich vor etwas Angst haben, das ich gar nicht kenne? Kann man Angst umkehren? Fragen über Fragen.......

Bei einer 500 Millionen Euro Forschungsforderung an die EU-Politiker von Neurologe Jes Olesen scheint die "Angst" zumindest auf diesem Gebiet sehr "kostbar" zu sein........

Kamantun 20.12.2006 19:50

Zitat:

Bei einer 500 Millionen Euro Forschungsforderung an die EU-Politiker von Neurologe Jes Olesen scheint die "Angst" zumindest auf diesem Gebiet sehr "kostbar" zu sein........
Die 500 Millionen werden von Olesen aber für die gesamte Hirnforschung gefordert.

Wenn man dann noch liest, dass - laut Olesen - 127 Millionen Menschen in der EU an psychischen und psychosomatischen Krankheiten leiden und die jährlichen Kosten dafür bei 386 (Dunkelziffer: 600) Milliarden!! Euro liegen sollen... - dann kommen einen die 500 Millionen ja schon fast wie Peanuts vor...;)

Link zum Artikel

Zitat:

ist Angst ein "Schuldgefühl" aufgrund moralischer Gesetze (ob geschrieben oder ungeschrieben) ?
Vielleicht stehe ich ja gerade auf dem Schlauch, aber wie kann denn Angst ein Schuldgefühl sein? Angst ist doch schon für sich selbst ein Gefühl - so wie Schuldgefühl auch...?

MAXX 21.12.2006 01:59

Mir fallen beim Thema "Angst" spontan immer als erstes zwei Dinge ein:
1.
Die Comic-Gallier, deren einzige Angst ist, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte, und
2..
Der Fassbinder-Film "Angst essen Seele auf"
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Was diesen Dänen anbelangt, so mag der Mann ja eventuell recht haben, allerdings bewegt er sich lediglich auf dem sehr schmalen Grad der selbstgeschaffenen Definition, was "krank" ist.
Was ich damit sagen will ist Folgendes: wenn sich "die Wissenschaft" demnäxt drauf einigt, dass eine blaue (braune, grüne, graue) Iris krankhaft ist, weil z.B. Menschen mit deartigen Augenfarben verhältnismäßig oft Fußpilz bekommen haben wir ratzfatz ein neues Krankheitsbild geschaffen an dem viele (Wissenschaftler, Ärzte, Pharmaindustrie, Apparateindustrie) gut verdienen werden.

Kamantun 21.12.2006 22:35

Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 995)
Was diesen Dänen anbelangt, so mag der Mann ja eventuell recht haben, allerdings bewegt er sich lediglich auf dem sehr schmalen Grad der selbstgeschaffenen Definition, was "krank" ist.
Was ich damit sagen will ist Folgendes: wenn sich "die Wissenschaft" demnäxt drauf einigt, dass eine blaue (braune, grüne, graue) Iris krankhaft ist, weil z.B. Menschen mit deartigen Augenfarben verhältnismäßig oft Fußpilz bekommen haben wir ratzfatz ein neues Krankheitsbild geschaffen an dem viele (Wissenschaftler, Ärzte, Pharmaindustrie, Apparateindustrie) gut verdienen werden.

Womit wir schon mal eine brauchbare Definition von Krankheit hätten: Sobald jemand mit meinen Befindlichkeiten Geld verdient...bin ich krank. :rolleyes:

Ich ahne ja, dass neben den "ertappten" 127 Millionen auch von den restlichen 323 Millionen EU-Einwohnern ein paar viele Leutz die eine oder andere, nicht gemeldete;) , psychische/psychosomatische Krankheit mit sich herumschleppen werden - von anderen Krankheitsbildern mal ganz zu schweigen...

Was sagt uns das? - Wer heutzutage noch gesund ist (oder besser gesagt: sich dafür hält), ist nicht normal - und damit auch schon wieder irgend wie krank...

(Nebenbei ist es unsozial...sowas kostet Arbeitsplätze! :D )

MAXX 22.12.2006 12:10

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 1426)

Was sagt uns das? - Wer heutzutage noch gesund ist (oder besser gesagt: sich dafür hält), ist nicht normal - und damit auch schon wieder irgend wie krank...

(Nebenbei ist es unsozial...sowas kostet Arbeitsplätze! :D )

Zur Definition von "Krank".
Es gab vor längerer Zeit mal ne TV-Diskussion über die "Explosion" der Gesundheitskosten. Da war ne Ärztin die behauptete, wenn jemand mittleren Alters der sich völlig gesund fühlt zu ihr käme, könne sie dem so ca. 30 Krankheiten attestieren, nach dem was als "Krankheit" anerkannt ist.
Das Ganze, obwohl die Person darunter weder leide, noch nach bisherigem Wissensstand Folgeschäden zu befürchten sein.
Das iat doch krank , oder!?
Da schaffen sich bestimmte Berufskreise und /oder Interessengruppen per Definition und unter Zuhilfenahme der Politik einfach Ihre eigenen "Kunden". Super.
Da kann einem ja Angst und Bange werden; wobei damit grad noch die Kurve zum Thema hergestellt sei. ;)
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Was auch gleich zwei Fragen aufwirft:
1. wem nützt Angst eigentlich ?
2. wo ist die Grenze zwischen "krankhafter" Angst und "gesunder" Vorsicht ?

Crunchy Frog 23.12.2006 14:20

...klingt mir alles viel zu "medizinisch"...
 
Ich würde mich spontan als einen sehr ängstlichen Menschen bezeichnen - weiss aber nicht, ob ich das unbedingt schlecht heissen muss ? Oder will ich mich hier lediglich dafür gar nur vor euch rechtfertigen ?
Ist das Gegenteil von Angst z.B. Mut ? Ist ein ängstlicher Mensch ein Feigling ?
Angst ist m.W. zunächst einmal ein Gefühl und zwar ein Gefühl; dass wir Menschen nachweislich mit Tieren teilen ?

Dieses Gefühl kann man aber auch ohne die Subvention einer halben Milliarde €uro und zusätzlicher "neuer" Forschungen schon heutzutage wegmachen. Die Pharmaindustrie hat da schon seit Jahrzehnten "wirksame Substanzen" in der Hand.
Reden wir von der normalen oder krankhaften Angst - Ayla hat diese Frage offengelassen ? ;)

Ich finde es näHmlich ziemlich normal wenn ein Kind z.B. Angst verspürt, wenn es seine Eltern nicht in greifbarer Nähe weiss oder wenn es sich aufgrund von Erfahrungswerten nicht an eine glühende Herdplatte traut ? Wenn ein Soldat bei seinem Einsatz in einem Krisengebiet nicht blindlinks zu einem heroischen Sturmlauf ansetzt ? Oder wenn ein Schwein "durchdreht", wenn es den Geruch vom Schlachthof wahrnimmt. Wenn Vögel in ein aufgeregtes Zirpen verfallen, nur weil eine Katze auftaucht ?

Ihr scheint euch m.M. nach zur Zeit ein bisschen zu sehr mit diesem Thema "allgemein" zu beschäftigen ? Wollt ihr z.B. den oben genannten "Ängstlichen" wirklich ihre "Angst" nehmen ? Gut - es wäre zweckdienlich - aber wäre es auch sinnvoll ?

MAXX 23.12.2006 14:42

Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 1816)
Ist das Gegenteil von Angst z.B. Mut ?

nee, ich glaube eher Zuversicht und [Selbst-]Vertrauen.

Zitat:

Die Pharmaindustrie hat da schon seit Jahrzehnten "wirksame Substanzen" in der Hand.
zum Glück nicht nur die. Pillenfresser und -verordner machen mir immer "Angst".
In diesem Zusammenhang: Hinweis auf die vergleichenden Studien von Prof. Alexander Weber an der Gesamthochschule Paderborn zum Thema "Laufsport und Angstbewältigung/Stressresistenz" :)
Zitat:

Reden wir von der normalen oder krankhaften Angst - Ayla hat diese Frage offengelassen ? ;)
Die Frage versteh ich nicht. Dazu müsste eventuell erstmal geklärt werden was ist "normale" und was ist "krankhafte" Angst?
Zitat:

Oder wenn ein Schwein "durchdreht", wenn es den Geruch vom Schlachthof wahrnimmt. Wenn Vögel in ein aufgeregtes Zirpen verfallen, nur weil eine Katze auftaucht ?
die Gleichsetzung von "tierischer" und "humaner" Angst halte ich für zumindest nicht gerade glücklich. Der Mensch kann nämlich seine "Ängste" lernen zu händeln (kontrollieren, negieren, überwinden, aberziehen), intellektuell aufarbeiten.
Das Klappt bei Tieren z.B. in der Dressur nur sehr bedingt.

Zitat:

Wollt ihr z.B. den oben genannten "Ängstlichen" wirklich ihre "Angst" nehmen ?
also ich nicht. Da müssen die Schweine und Vögel sich schon selber drum kümmern. ;)

Vionte 23.12.2006 19:22

Ich bin mir unsicher, was die Definition "Angst" angeht. :confused:
Mir fallen zu diesem Begriff nur immer wieder Fragen ein. Fragen und nochmal Fragen !

Was ist "Angst" - was ist "Furcht" - was ist "Panik" ? Definiert das jeder für sich alleine ? Wer bestimmt, was als "Angst" zu gelten hat ?

Gibt es beim Menschen eine sogenannte "Urangst" ?- so wie es "Urvertrauen" gibt/geben soll?

In vielen Lebensanschauungen heisst es, dass man, sobald man das Urvertrauen gefunden hat, keine Angst mehr haben kann/wird.
Sobald man die Antwort auf die drei existenziellen Fragen gefunden hat, hat man keine Angst mehr, weil man die Zusammenhänge kennt, verstanden hat und vertraut.
(Wo komme ich her ? Wer bin ich? Wo gehe ich hin? )

Die Beantwortung dieser Fragen erscheint mir sehr schwer und beim Nachdenken drehe ich mich oft im Kreise oder bleibe in einer Sackgasse stecken.

Kamantun 23.12.2006 23:56

Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 1523)
Da schaffen sich bestimmte Berufskreise und /oder Interessengruppen per Definition und unter Zuhilfenahme der Politik einfach Ihre eigenen "Kunden". Super.

Ok, das ist ja nun ein weitverbreitetes Phänomen, dass Kunden nicht einfach so da sind, sondern erst mal "erschaffen" werden (müssen).

Das ist - zumindest im Allgemeinen - auch nicht das Problem. Wer sich zum Kunden manipulieren lässt, obgleich ihn bestimmte Produkte/Dienstleistungen ohne diese Manipulation am Allerwertesten vorbei gegangen wären, der darf (und wird) sich nicht beschweren.

Er bekommt ja letztlich nur das, was er will - gegen seinen Willen würde gar nichts laufen.

Da wären wir dann beim auch nicht uninteressanten Thema "Wie funktioniert Macht?"

Wer erfolgreich Macht über andere ausüben will, muss diesen anderen die freien Wahlmöglichkeiten dahingehend beschneiden, dass sie aus freien Willen heraus die gewünschten Verhaltensweisen zeigen.

Ob Vorzeigedemokratie oder mörderische Diktatur: Gegen den Willen der Beherrschten
könnten die Herrscher keine Sekunde lang Herrscher sein. Sie hätten keinerlei Macht über jene, die sie beherrschen wollen. (Extrembeispiel: Selbst wenn sich jemandes Wahlmöglichkeiten auf leben oder sterben reduzieren - wenn er es nicht will, wird er sich auch dann nicht beherrschen lassen...und eher sterben.)

Und da hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte ein recht erfolgreiches Verfahren etabliert, welches Ärzteschaft und vor allem Pharmaindustrie auch in einer sogenannten Demokratie sehr effektiv einzusetzen wissen, nämlich: Angst zu erzeugen.

Womit wir dann also auch wieder beim Strangthema wären...
Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 1523)
Was auch gleich zwei Fragen aufwirft:
1. wem nützt Angst eigentlich ?
2. wo ist die Grenze zwischen "krankhafter" Angst und "gesunder" Vorsicht ?

Wem sie nützt: Denen, welche (warum auch immer) Macht über andere Menschen ausüben (wollen).

Darüber hinaus ist Angst natürlich auch eine von der Evolution "eingebaute" Überlebenshilfe für (höherentwickelte) Lebewesen aller Art. Ohne Angst könnten diese Lebewesen keine Gefahren für Leib und Leben erkennen und würden dementsprechend kurzlebig sein - mit einer ganz guten Chance auszusterben...

Deine Frage nach der Grenze zwischen "krankhafter" Angst und "gesunder" Vorsicht" lässt sich, denke ich, nicht pauschal (und wahrscheinlich überhaupt nicht) beantworten.

Manch risikofreudiger Mensch erreicht ein biblisches Alter, währenddessen ein ängstlicher u.U. trotz aller Vorsicht vorzeitig in´s Gras beißt. Oder aber der Risikofreudige macht zwar einen schnelleren Abgang, hatte aber dafür ein erfüllteres Leben. Oder andersherum...:D

Die Schwierigkeit bei solch einer Frage besteht m.E. - neben der Tatsache, dass keine zwei Menschen gleich sind - in der Unmöglichkeit, sicher zu erkennen, welche Ängste natürlich und berechtigt; welche von der Umwelt induziert und dennoch berechtigt; und welche induziert und überhaupt nicht berechtigt sind.

Sicher können wir uns wohl nur sein, dass die allermeisten unserer Ängste von außen induziert und nicht berechtigt sind.

Allein: Das Wissen darum befreit uns nicht von diesen Ängsten -dazu müsste man erkennen können, was man vielfach einfach nicht erkennen kann. :(
Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 1816)
Angst ist m.W. zunächst einmal ein Gefühl und zwar ein Gefühl; dass wir Menschen nachweislich mit Tieren teilen ?
Dieses Gefühl kann man aber auch ohne die Subvention einer halben Milliarde €uro und zusätzlicher "neuer" Forschungen schon heutzutage wegmachen. Die Pharmaindustrie hat da schon seit Jahrzehnten "wirksame Substanzen" in der Hand.

Mit anderen Worten: Die Pharmaindustrie hilft netterweise dabei, Dinge "wegzumachen", die sie zu einem nicht geringen Teil höchstselbst hervorgerufen hat.

Feiner Zug, sowas... :rolleyes:
Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 1816)
Ihr scheint euch m.M. nach zur Zeit ein bisschen zu sehr mit diesem Thema "allgemein" zu beschäftigen ? Wollt ihr z.B. den oben genannten "Ängstlichen" wirklich ihre "Angst" nehmen ? Gut - es wäre zweckdienlich - aber wäre es auch sinnvoll ?

Ich fühle mich - offen gesagt -, überhaupt nicht dazu berufen, irgend jemanden seine Ängste zu nehmen.

Nicht zuletzt deswegen, weil ich mir noch nicht einmal meine ganz eigenen Ängste nehmen kann... :(
Zitat:

Zitat von Vionte (Beitrag 1916)
Gibt es beim Menschen eine sogenannte "Urangst" ?- so wie es "Urvertrauen" gibt/geben soll?

Ich glaube, ja.

Und ich glaube, dass beides seine Grundlage in vorgeburtlichen bzw. Geburts-Erfahrungen hat.

Zum einen diese absolute Behaglichkeit des "parasitären" Embryos im Mutterleib, dem es an rein gar nichts fehlt, und zum anderen dieses gewaltsame herausgerissen werden aus dem Paradies; die quälende Erfahrung des "in die Welt geworfen werdens" - mit all den bitteren Konsequenzen...

Das ist auch gar nicht so esoterisch, wie es vielleicht klingt: Ein Baby kommt nicht mit "leeren Gehirn" auf die Welt, sondern mit einem voll funktionstüchtigen Sinnesapparat.

Und der entsteht nicht etwa erst "ganz plötzlich" nach der Geburt...
Zitat:

Zitat von Vionte (Beitrag 1916)
In vielen Lebensanschauungen heisst es, dass man, sobald man das Urvertrauen gefunden hat, keine Angst mehr haben kann/wird.
Sobald man die Antwort auf die drei existenziellen Fragen gefunden hat, hat man keine Angst mehr, weil man die Zusammenhänge kennt, verstanden hat und vertraut.
(Wo komme ich her ? Wer bin ich? Wo gehe ich hin?

Der Witz in unserem Leben hier ist aber der, dass es neben dem Urvertrauen eben auch eine Urangst gibt.

Und in dem Bereich zwischen diesen beiden Zuständen leben wir unser Leben.

Ohne diese Dualität in der Welt wäre ein - zumindest irdisches - Leben auch gar nicht möglich...
Zitat:

Zitat von Vionte (Beitrag 1916)
Die Beantwortung dieser Fragen erscheint mir sehr schwer und beim Nachdenken drehe ich mich oft im Kreise oder bleibe in einer Sackgasse stecken.

Das ist für ein ambivalentes Wesen in einer ambivalenten Welt völlig normal. :D

Crunchy Frog 25.12.2006 22:56

...über Schweine und Vögeln...
 
Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 1818)
(...) die Gleichsetzung von "tierischer" und "humaner" Angst halte ich für zumindest nicht gerade glücklich. Der Mensch kann nämlich seine "Ängste" lernen zu händeln (kontrollieren, negieren, überwinden, aberziehen), intellektuell aufarbeiten.

Sososo - dazu ist die Krone der Schöpfung also im Stande ?
Ich muss dir allerdings doch wohl nicht noch auch schriftlich darlegen, warum ich verwundert darauf reagiere, dass du lediglich auf den zweiten Teil meiner Frage - dem "Kottlett- & und Brathähnchen Beispiel" - anspringst und die anderen beiden Fragen "höflichst umschiffst" ?

Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 1818)
Die Frage versteh ich nicht. Dazu müsste eventuell erstmal geklärt werden was ist "normale" und was ist "krankhafte" Angst?

Blödsinn ! So dämlich bist du auch nicht, dass du mich auf dieses „Nie-wo (geschrieben)“ Geplänkel ziehen kannst, alter Weggefährte. Um es in „unserer sportlichen“ Art & Weise auszudrücken:
VOR einem Marathonlauf kann man den Schwanz einkneifen, weil man Angst vor der Dehydrierung und der eigenen Kondition hat (...“gut“...). Man kann aber auch Angst davor haben, während des Laufes von einem religiös fundamentalistischen Anti-Sportler die Achillissehnen durchtrennt zu bekommen (...“dumm gelaufen“...).
ANGST KANN KONSTRUKTIV SEIN – magst du diesen Umstand unterschreiben ?
Sich zu „seinen persönlichen Ängsten zu bekennen“ und sie akzeptieren zu lernen bedarf es allerdings eines verdammt guten Fundamentes (gepaart mit Selbstbewusstsein & etwas Glück) – und aweng „Demut“... ;)

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 1975)
Allein: Das Wissen darum befreit uns nicht von diesen Ängsten - dazu müsste man erkennen können, was man vielfach einfach nicht erkennen kann.

Ups !? Ein « Eingeständnis » an meine Theorie ?
ANGST ist demnach vielleicht nicht grundsätzlich negativ zu belegen ? Hat dich „ANGST“ schon einmal vor einer vorher nicht deutlich erkennbaren „Pleite“ gerettet ?
Alles sprach dafür eine bestimmte Sache „durchzuziehen“, aber deine innere Stimme hat dich vor einer persönlichen Pleite bewahrt ? Mir ist dies schon oft wiederfahren...

Zitat:

Zitat von Vionte (Beitrag 1916)
Ich bin mir unsicher, was die Definition "Angst" angeht. :confused:
Mir fallen zu diesem Begriff nur immer wieder Fragen ein. Fragen und nochmal Fragen !

Ich würde dir jetzt gerne ungeschminkt mitteilen mögen, dass unsere Ansichten nicht all zu fern auseinanderliegen, Vionte !?
Aber es gibt Menschen (...hat mir ein Vögelchen gezwitzert...), die mehr Antworten kennen, als eigentlich Fragen gestellt wurden !? Als ein ausgewiesener mathematischer Tiefflieger - der sich mit Statistiken nicht so gut auskennt - würde ich trotzdem gerne "Zweifel" an deren Vorgehensweise äussern ?

Kamantun 26.12.2006 00:35

Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2302)
Ups !? Ein « Eingeständnis » an meine Theorie ?
ANGST ist demnach vielleicht nicht grundsätzlich negativ zu belegen ?

Ist sie ganz sicher nicht, nein.

Angst existiert bestimmt nicht einfach so, um uns das Leben schwer zu machen. Sie hat, denke ich, eine wichtige, positive Funktion: Uns möglichst lange am Leben zu erhalten.

Aber wie das eben mit allen Dingen im Leben ist: Zuviel davon und schon wird der positive Effekt aufgehoben bzw. ins glatte Gegenteil verkehrt...
Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2302)
Hat dich „ANGST“ schon einmal vor einer vorher nicht deutlich erkennbaren „Pleite“ gerettet ?

Ja, definitiv.

Aber genau dieselbe Angst hat auch - sogar vorher deutlich erkennbare - "Erfolgserlebnisse" verhindert.

Die Medaille hat eben immer zwei Seiten...

MAXX 26.12.2006 23:38

Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2302)
Ich muss dir allerdings doch wohl nicht noch auch schriftlich darlegen, warum ich verwundert darauf reagiere, dass du lediglich auf den zweiten Teil meiner Frage - dem "Kottlett- & und Brathähnchen Beispiel" - anspringst und die anderen beiden Fragen "höflichst umschiffst" ?

Ich muss dir allerdings doch wohl nicht noch auch schriftlich darlegen, warum ich verwundert darauf reagiere, dass du offensichtlich verlangst Dinge die ich genau so sehe oder die zumindestens keinen Widerspruch in mir erzeugen auch explizit nochmal hier bestätigt haben willst. *wunder*
Zitat:

Blödsinn ! So dämlich bist du auch nicht, dass du mich auf dieses „Nie-wo (geschrieben)“ Geplänkel ziehen kannst, alter Weggefährte.
na ja, wenn du meinst die von dir selbst aufgeworfene Frage , nämlich nach "normaler" oder "krankhafter " Angst, und meine weiter vertiefende Frage nach der Definition dieser Eigenschaften von Ängsten sei "Blödsinn", dann können wir den Dialog an dieser Stelle abbrechen.
Ich brauch kein "sportlich", "Marathon", Fundamentalisten", "Dehydrierungs"geschwafel, sondern ich wollte wissen, was "normale" bzw. "krankhafte" Angst ist. Die Worte stammen ursprünglich von dir, und ich wollte lediglich erreichen, dass wir hier das gleiche meinen, wenn wir über etwas diskutieren.

Zitat:

ANGST KANN KONSTRUKTIV SEIN – magst du diesen Umstand unterschreiben ?
Kann-Fragen zu beantworten ist eine meiner leichtesten Übungen.
Zitat:

Sich zu „seinen persönlichen Ängsten zu bekennen“ und sie akzeptieren zu lernen bedarf es allerdings eines verdammt guten Fundamentes (gepaart mit Selbstbewusstsein & etwas Glück) – und aweng „Demut“... ;)
ähhh....ja........und nu? Hat wohl auch niemend angezweifelt, oder?
Wobei ich mit dem Begriff "Glück" da weniger was anfangen kann; ich persönlich würds durch "Ehrlichkeit" und "Arbeit " (an sich selbst) ersetzen.

Crunchy Frog 27.12.2006 11:06

"Angst essen Seele auf" (oder so ähnlich heisst ein erfolgreicher Roman))
 
Es hat mich nicht gestört - lediglich verwundert :rolleyes: - das gerade ihr beide in euren ersten Komm´s in diesem topic "Angst" mit "Schiß haben" gleichgesetzt habt. Aber ich freue mich über den Umstand, dass wir m.M. nach jetzt tiefer in dieses Thema einsteigen.

@ Kamantun
Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 2306)
Angst existiert bestimmt nicht einfach so, um uns das Leben schwer zu machen. Sie hat, denke ich, eine wichtige, positive Funktion: Uns möglichst lange am Leben zu erhalten.

Ich habe deinen Satz mehrmals gelesen und mag trotzdem nicht meinen Frieden damit finden. Warum dem so ist, mag ich kurz erläutern: Meines Erachtens spielst du eher auf den Selbsterhaltungstrieb an. Die "Angst den Löffel abzugeben" scheint mir aber nicht als das passenste Beispiel; obwohl gerade diese eine der zutiefst verwurzelten Ängste (...wenn nicht "die"...) eines jeden Lebewesens scheint !? Aber geht es da nicht eigentlich ursprünglich um die Erhaltung der Art ?
In einem meiner Kommentare habe ich die "Todesangst" eines Soldaten angesprochen. Das er <Angst> haben darf & muss ist ja wohl unumstritten. Als Kriegsdienstverweigerer - ohne Familie und auf einem warmen Sofa sitzend - erlaube ich mir dennoch diese Angst zu interpretieren. Welche Motivation lässt ihn seinen Scheissjob weiterhin durchstehen ? Die Angst vor dem Tod oder die Sorge (=auch Angst) um seine Frau und seine Kinder ?
Ich hoffe du erkennst den mir so wichtigen Unterschied in der Betrachtungsweise ?

"Angst haben" und "Schiss haben" sind für mich zwei unterschiedliche Gefühle. Die Angst um meine eigene Haut kann ich bekämpfen - die Angst um das Wohlsein meiner Lieben ist unbesiegbar. Ein ganzer Wulst von neuen Gefühlen geht mit dieser Angst einher: Sorge, Liebe, Verantwortung und Sehnsucht mögen die stärksten davon sein...?

@ Maxx
Richtig. Ich schulde dir meine persönliche Definition von "normaler" und "krankhafter" Angst.
Wie du weisst habe ich beruflich mit alten kranken dementen Menschen zu tun. Irgendwann prägt sich in diesem Krankheitsbild fast immer ein "innerer Umbruch" heraus. Diese Phase wirkt sich besonders belastend auf meine Arbeit aus. Die Alten "ahnen" das irgendetwas in ihrem Leben nicht mehr so ganz stimmt und konzentrieren all ihre verbliebene Energie darauf, diese persönlichen "Manko´s" mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auszugleichen.

Auf der einen Seite leiden sie darunter, morgens im eingekoteten Bett und einer Urinlarche aufzuwachen, andererseits verweigern sie aber auch Hilfe bei der täglichen Körperpflege. In solchen Momenten bin ich genötigt meine "pflegerische Kompetenz" herauszukehren und auch gegen den Willen meiner Jungs & Mädels den Waschlappen zu schwingen. Sie wissen das sie Hilfe benötigen - haben aber Angst davor dies öffentlich einzugestehen und diese Hilfe auch anzunehmen.
Meine KollegInnen nennen das dann "angewandte Grundpflege" - ich nenne es "Brechen von Persönlichkeit". Was mich immer wieder tief erschüttert ist der Umstand, dass es mir unmöglich ist, meinen Jungs & Mädels die Angst zu nehmen ! Das ist wirklich so. Vielleicht denkst du in diesem Moment an den Begriff "Schamgefühl" ? Dieses Unwort wird unseren Auszubildenden <eingeimpft>; damit sie guten Gewissens die Angst unserer Alten nicht so deutlich zu spüren vermögen.

Die Angst meiner Alten ist nicht der Tod, sondern das Leiden. Gilt das auch für uns ?

Kamantun 30.12.2006 02:49

Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2572)
Es hat mich nicht gestört - lediglich verwundert :rolleyes: - das gerade ihr beide in euren ersten Komm´s in diesem topic "Angst" mit "Schiß haben" gleichgesetzt habt.

Kannst Du das ein wenig näher erklären/begründen?

Ich sehe/verstehe nicht so ganz, wo die Unterschiede zwischen "Angst haben" und "Schiss haben" liegen sollten.

Sind das für Dich zwei völlig verschiedene Gefühle oder reden wir hier doch nur von unterschiedlichen Intensitäten ein- und desselben Gefühls, bzw. Zustandes?
Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2572)
Ich habe deinen Satz mehrmals gelesen und mag trotzdem nicht meinen Frieden damit finden. Warum dem so ist, mag ich kurz erläutern: Meines Erachtens spielst du eher auf den Selbsterhaltungstrieb an. Die "Angst den Löffel abzugeben" scheint mir aber nicht als das passenste Beispiel; obwohl gerade diese eine der zutiefst verwurzelten Ängste (...wenn nicht "die"...) eines jeden Lebewesens scheint !? Aber geht es da nicht eigentlich ursprünglich um die Erhaltung der Art ?

Klar geht es da ursprünglich um die Erhaltung der Art. Genau so ursprünglich geht es aber bspw. auch beim Sex um die Erhaltung der Art. Und trotzdem wir ihn dafür (zumindest in der westlichen Hemisphäre) nicht mehr unbedingt brauchen und noch weniger nutzen, praktizieren wir ihn.

Warum wohl?

Ich denke mal, aus genau demselben Grund, weswegen wir auch heutzutage immer noch vielerlei Verhaltensweisen an den Tag legen, die - zumindest in dieser Hemisphäre - wenig bis keinen Überlebensnutzen mehr haben: Weil unserer genetisches Erbe, welches die Grundlagen unserer Persönlichkeiten, Bedürfnisse und Triebe über einen Zeitraum von sehr vielen Jahrtausenden entwickelt hat, mit dem derzeitigen Entwicklungstempo der (westlichen) Menschheit nicht so ganz mithalten kann.

Und so werden - im Guten wie im Schlechten - die einstmals als Überlebenshilfe bzw. für den Fortbestand der Art notwendigen Triebe, Bedürfnisse und Verhaltensweisen vom modernen, westlichen Menschen (der sich ja genetisch nicht der Rede wert bspw. von seinem Naturvolk-Pendant im Urwald Südamerikas unterscheidet), in sein, im Vergleich, völlig ungefährdetes Dasein mitgenommen - und seien sie im ursprünglichen Sinne auch noch so überflüssig...

So verhält es sich mit dem Sex, den wir (mehrheitlich) nicht mehr deshalb praktizieren, weil wir einem naturgegebenen Trieb zum Zwecke der Arterhaltung nachgeben. Vielmehr haben wir den Trieb und den damit verbundenen Spaß bei der Befriedigung dieses Triebes selbst zum Zweck erklärt. (Positives Beispiel, weil Spaß bringend - ...ok...realistischer formuliert: WENN es denn im Einzelfall Spaß bringt...;) )

Und so ist es eben auch mit der Angst. Westliche Menschen sind im allgemeinen nicht mit unmittelbaren Gefährdungen für Leib, Leben und Fortpflanzung bedroht und trotzdem haben/entwickeln sie jede Menge Ängste, die sich von der Intensität her kaum von denjenigen Menschen unterscheiden dürften, welche im australischen Hinterland, Afrika oder Südamerika als Naturvölker Tag für Tag um´s nackte Überleben kämpfen müssen. (Wenn sich Letztere solch intensive Ängste überhaupt erlauben können/Zeit dafür finden...wohl eher nicht...)

Die Sache ist die: Wir kommen mit Ängsten auf die Welt und wenn diese Ängste keine Entsprechungen fnden - dann schaffen wir uns halt welche.

Und darin sind wir verdammt gut. :(

(Im Übrigen auch im weiterverbreiten dieser Ängste - kommerziell motiviert oder auch nicht...)
Zitat:

Zitat von Crunchy Frog (Beitrag 2572)
In einem meiner Kommentare habe ich die "Todesangst" eines Soldaten angesprochen. Das er <Angst> haben darf & muss ist ja wohl unumstritten. Als Kriegsdienstverweigerer - ohne Familie und auf einem warmen Sofa sitzend - erlaube ich mir dennoch diese Angst zu interpretieren. Welche Motivation lässt ihn seinen Scheissjob weiterhin durchstehen ? Die Angst vor dem Tod oder die Sorge (=auch Angst) um seine Frau und seine Kinder ?
Ich hoffe du erkennst den mir so wichtigen Unterschied in der Betrachtungsweise ?

"Angst haben" und "Schiss haben" sind für mich zwei unterschiedliche Gefühle. Die Angst um meine eigene Haut kann ich bekämpfen - die Angst um das Wohlsein meiner Lieben ist unbesiegbar. Ein ganzer Wulst von neuen Gefühlen geht mit dieser Angst einher: Sorge, Liebe, Verantwortung und Sehnsucht mögen die stärksten davon sein...?

Dein Soldatenbeispiel halte ich für sehr gewagt. Ich habe zwar so wenig wie Du persönlich dem drohenden Tod auf einem Kriegsschauplatz in´s Auge gesehen, aber aus dem, was ich in diversen Kriegs-Büchern gelesen und in Kriegs-Doku-Filmen gesehen habe, glaube ich, ein ganz anderes Bild ableiten zu können:

Am Anfang der unmittelbaren Kampfhandlungen steht nur die Angst um´s nackte Überleben. Zeit, um an die liebe Familie daheim zu denken, gibt´s da einfach keine, wenn einem die Kugeln um die Ohren fliegen.

Wenn man diese ersten Kriegserlebnisse an der Front seelisch einigermaßen überstanden haben sollte, gibt es sicherlich Gedanken an die Geliebten zu Hause - wobei Liebe und Sehnsucht wohl die vorherrschenden Gefühle sein werden; Sorge und Verantwortung sind in Zeiten eigener, unendlicher Qualen wohl eher, ähm...unwahrscheinlich?

Phase zwei (die natürlich auch SOFORT eintreten kann), ist dann die der körperlichen und/oder seelischen Total-Erschöpfung; schwer verwundete und tote Kameraden und Feinde zuhauf. Man hat selbst Menschen getötet und der Feind hat Menschen getötet, die man gut kannte; mit denen man befreundet war, die man mochte...

Man hat keine Angst mehr vor dem eigenen Tod. Man verspürt gar nichts mehr. Man ist leer - und marschiert auf Befehl dem Feind entgegen.

Und Du meinst also, in solch einem Zustand der körperlich wie seelischen Abgewracktheit wäre man mehr als nur ein völlig willenloser Automat, der jeden Befehl als Abwechslung empfindet und den Tod eher sucht als fürchtet; und man würde vielmehr an die Lieben daheim und an deren Sicherheit und Wohlbefinden denken, und daraus eine Motivation schöpfen, weiterzumachen??

Ayla 05.01.2007 21:36

Die kognitive Angsttheorie betont, dass die emotionalen Konsequenzen aus der Informationsverarbeitung eines Menschen zu Angst führen können. Angst entspricht dann dem "Wegfall interner Kontrolle" (J. B. Rotger) oder "gelernter Hilflosigkeit" (E. P. Seligman). Angst ist also Folge eines Kontrollverlustes durch Fremdheit, Ungewissheit, Verlassenheit oder die Vorwegnahme von Gefahr???


@Crunchy

meinste mit "Schiss" und Angst das:
Der abendländische Kirchenvater Augustinus (354-430 nach Christus) unterschied die niedrige Furcht vor Strafe von der höher bewerteten Furcht vor Schuld aus Ehrfurcht vor Gott?

Auch das finde ich sehr interessant:

Für den deutschen Existenz-Philosophen Martin Heidegger (1889-1976) war Angst eine Grundbefindlichkeit, in der das Dasein auf sich selbst zurückgeworfen wird. In der Angst eröffnet sich der Existenz ihre Endlichkeit und ihre Nichtigkeit, denn der Mensch empfindet das Dasein als "Sein zum Tode".

@Kamantun

Angst kann Menschen belasten und sogar psychisch ruinieren. Sie ist aber wegen ihrer Warnfunktion oft lebensrettend. Angst überkommt den Menschen meist unfreiwillig und unkontrolliert. Eine Ausnahme ist die Angst als Lust, der sich Menschen freiwillig aussetzen, sei es auf der Achterbahn oder beim Schauen eines Horrorfilms. Die Emotionspsychologie unterscheidet zwei Bedingungen der Angst: Manche Menschen bekommen aus übergroßer Ängstlichkeit Angst. Andere verspüren Angst in einem Moment tatsächlicher, akuter Bedrohung.

Ist die Angst so unangenehm weil sie unkontrollierbar(?) ist?

Kamantun 05.01.2007 23:13

@Ayla
 
Zitat:

Zitat von Ayla (Beitrag 5170)
Ist die Angst so unangenehm weil sie unkontrollierbar(?) ist?

Das glaube ich nicht. Alle Gefühlsregungen sind mehr oder weniger unkontrollierbar. (Oder anders formuliert: Nicht besser/schlechter kontrollierbar, wie auch Angstgefühle.)

Angst ist vielmehr deswegen so unangenehm, weil das ihre Funktion so zwingend voraussetzt.

Wären Angstgefühle angenehmer Natur, würden wir alles dafür tun, möglichst oft in Situationen zu kommen, die uns (potentiell) Schaden zufügen können.

Das wäre schlicht eine Umkehrung der eigentlichen, ursprünglichen Funktion von Angst - und im evolutionären (Überlebens-)Sinne sehr kontraproduktiv.

Ayla 06.01.2007 10:57

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5191)

Das glaube ich nicht. Alle Gefühlsregungen sind mehr oder weniger unkontrollierbar. (Oder anders formuliert: Nicht besser/schlechter kontrollierbar, wie auch Angstgefühle.)

Angst ist vielmehr deswegen so unangenehm, weil das ihre Funktion so zwingend voraussetzt.

Wären Angstgefühle angenehmer Natur, würden wir alles dafür tun, möglichst oft in Situationen zu kommen, die uns (potentiell) Schaden zufügen können.

Das wäre schlicht eine Umkehrung der eigentlichen, ursprünglichen Funktion von Angst - und im evolutionären (Überlebens-)Sinne sehr kontraproduktiv.

Und was ist dann mit den Menschen die ihre Angst "kultivieren" und "pflegen"?? Die krampfhaft an ihrer Angst festhalten anstatt sie zu "verändern"? Kann man das überhaupt?

Und was ist mit der Ausnahme die Angst als Lust, der sich Menschen freiwillig aussetzen, sei es auf der Achterbahn oder beim Schauen eines Horrorfilms?

Der dänische Theologe Sören Kierkegaard (1813-1855) betrachtete die existenzielle Angst als Wesensmerkmal menschlichen Denkens und der Willensfreiheit. Im Sprung in den Glauben soll laut Kierkegaard die Angst überwunden werden.

Kamantun 06.01.2007 18:25

Zitat:

Zitat von Ayla (Beitrag 5238)
Und was ist dann mit den Menschen die ihre Angst "kultivieren" und "pflegen"??

Naja, sie sterben in aller Regel jedenfalls nicht durch ihre Angst. Insofern ist die (Schutz-)Funktion der Angst nur insofern in Frage gestellt, als es sich bei solch "kultivierten Ängsten" (Neurosen) um einen Schutz handelt, den eigentlich keiner braucht, und der im Extremfall an einem "normalen" Leben hindert.

Aber dieses "braucht keiner" ist auch nicht ganz richtig - die Betroffenen brauchen diesen Schutz ja ganz offensichtlich. Und für sie stellt sich nicht die Frage, wie irrational ihre Ängste und wie nichtig, übertrieben oder imaginär die befürchteten Gefahren aus der Sicht von Außenstehenden sind: Für sie selbst sind sie sehr real.
Zitat:

Die krampfhaft an ihrer Angst festhalten anstatt sie zu "verändern"? Kann man das überhaupt?
Man kann, glaube ich, keine Ängste loswerden, indem man mal über ihre Sinnhaftigkeit nachdenkt und für sich selbst zu dem Schluss kommt, dass sie völlig sinnlos, überflüssig oder irrational sind. Diese Ängste haben im Kopf längst ein Eigenleben entwickelt, diverse Sicherheitssysteme installiert und Vorkehrungen für das eigene Überleben getroffen. Im schlechtesten Fall haben sie uns vollständig "im Griff" und schränken unsere Bewegungsfreiheit mehr und mehr ein - sozialer Rückzug, Abhängigkeiten, Arbeitsunfähigkeit und Depressionen sind dann die nicht so schönen, möglichen Folgen.
Zitat:

Und was ist mit der Ausnahme die Angst als Lust, der sich Menschen freiwillig aussetzen, sei es auf der Achterbahn oder beim Schauen eines Horrorfilms?
Ist das tatsächlich Angst, oder nicht viel eher ein gewollter Nervenkitzel?

Wer wirklich Angst vor einer Achterbahnfahrt hat (und solche Menschen gibt es), wird mit einiger Sicherheit keine machen.
Zitat:

Der dänische Theologe Sören Kierkegaard (1813-1855) betrachtete die existenzielle Angst als Wesensmerkmal menschlichen Denkens und der Willensfreiheit. Im Sprung in den Glauben soll laut Kierkegaard die Angst überwunden werden.
Im Sprung in welchen Glauben? Den der "Angstfreiheit"? ;)

Ayla 06.01.2007 23:02

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5366)

Naja, sie sterben in aller Regel jedenfalls nicht durch ihre Angst. Insofern ist die (Schutz-)Funktion der Angst nur insofern in Frage gestellt, als es sich bei solch "kultivierten Ängsten" (Neurosen) um einen Schutz handelt, den eigentlich keiner braucht, und der im Extremfall an einem "normalen" Leben hindert.

Oder vielleicht sogar LEBENsunfähig wird? Könnte man dies' nicht auch einen "kleinen Tod" nennen? WENN ich nicht mehr am "normalen" Leben teilnehme bin ich dann nicht auch "irgendwie tot"? Depressionen werden von Betroffenen so beschrieben - "ich fühle mich irgendwie tot - leer".

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5366)

Aber dieses "braucht keiner" ist auch nicht ganz richtig - die Betroffenen brauchen diesen Schutz ja ganz offensichtlich. Und für sie stellt sich nicht die Frage, wie irrational ihre Ängste und wie nichtig, übertrieben oder imaginär die befürchteten Gefahren aus der Sicht von Außenstehenden sind: Für sie selbst sind sie sehr real.

Sind sie das wirklich? Könnte es nicht auch sein, daß sie einfach ritualisiert und Gewohnheit sind? Automatismus?

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5366)

Man kann, glaube ich, keine Ängste loswerden, indem man mal über ihre Sinnhaftigkeit nachdenkt und für sich selbst zu dem Schluss kommt, dass sie völlig sinnlos, überflüssig oder irrational sind. Diese Ängste haben im Kopf längst ein Eigenleben entwickelt, diverse Sicherheitssysteme installiert und Vorkehrungen für das eigene Überleben getroffen. Im schlechtesten Fall haben sie uns vollständig "im Griff" und schränken unsere Bewegungsfreiheit mehr und mehr ein - sozialer Rückzug, Abhängigkeiten, Arbeitsunfähigkeit und Depressionen sind dann die nicht so schönen, möglichen Folgen.

Phobien(Ängste die ein Eigenleben entwickeln) sind behandelbar! Mit künstlich herbeigeführten Reizen und Umkehrung. Zum Beispiel würde man jemanden der Angst hat Achterbahn zu fahren vorsichtig daran gewöhnen.;)

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5366)
Ist das tatsächlich Angst, oder nicht viel eher ein gewollter Nervenkitzel?

Es gibt tatsächlich eine LUST an der Angst - warum sollten sich sonst Menschen JAHRELANG bestimmten Lebenssituationen entziehen WENN denn die Angst so hinderlich oder unangenehm sein soll?

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5366)

Im Sprung in welchen Glauben? Den der "Angstfreiheit"? ;)

Sören hatte es mit Gott und dem Christentum. ;) Er meinte daß die Grundsituation des Menschen Angst und Verzweiflung, Krankheit zum Tode sei.
Allerdings muss man dazu wissen , daß sein Vater als Kind des Nachts in der Kälte die Schafe hüten musste. Als er 12 Jahren alt war, verleitete ihn dies einmal dazu, Gott zu verfluchen. Von dort an litt er unter der Psychose, nun in die ewige Verdammnis zu müssen. Mit dieser Psychose ausgestattet, machte er später seine gesamte Familie verrückt. Die Philosophie Kierkegaards ist ein Produkt dieser psychotischen Familienverhältnisse. ;)

DAS verleitet mich dazu noch einmal zu fragen ob Angst angeboren ist oder in der heutigen Zeit doch vielleicht nur eine anerzogene Begleiterscheinung? Ist Angst nur eine physische Reaktion, wie Platon oder Aristoteles es bezeichneten? DAS würde wiederum erklären warum sich das Wort "Angst" vom griechischen Verb "agchein" und dem lateinischen "angere" ableitet. Beides heißt übersetzt "würgen", "die Kehle zuschnüren".

In der Psychologie wird zwischen Angst als Zustand (state anxiety) und Angst als Eigenschaft (trait anxiety) unterschieden. Während die Zustandsangst eine vorübergehende Emotion infolge einer realen Gefahr ist, führt die "trait anxiety" dazu, daß Situationen auch ohne akute Bedrohung als gefährlich eingeschätzt werden.

Wie kann ich das denn nun in der Praxis unterscheiden??? Wie soll ich denn nun meine Angst SUBJEKTIV betrachten?

Du hast mich anfangs nach Schuld gefragt. "Schuld haben" ist doch etwas was uns eingeprägt wird, oder? Gibt es EMOTIONELL einen Unterschied? "Ich habe Angst Schuld zu haben". Ist das trennbar?

Kamantun 07.01.2007 00:53

Zitat:

Zitat von Ayla (Beitrag 5408)
Oder vielleicht sogar LEBENsunfähig wird? Könnte man dies' nicht auch einen "kleinen Tod" nennen? WENN ich nicht mehr am "normalen" Leben teilnehme bin ich dann nicht auch "irgendwie tot"? Depressionen werden von Betroffenen so beschrieben - "ich fühle mich irgendwie tot - leer".

Klar. Aber wenn dieses "irgendwie tot" den "Normalzustand" darstellt, kann (bzw. muss) man sich auch damit irgend wie arrangieren.

Das Problem bspw. bei Depressionen ist ja nicht nur (oder vielleicht gar nicht?), dass man ein anderes, besseres, schöneres Leben vor Augen hat und einem einzig die Mittel zur Umsetzung fehlen, sondern das jedes andere, veränderte Leben einem durch die Depressionsbrille betrachtet genau so grau und leer und letztlich unwünschenswert vorkommt.

Also ein Teufelskreis aus Nichtwollen und Nichthandeln...
Zitat:

Kamantun: Und für sie stellt sich nicht die Frage, wie irrational ihre Ängste und wie nichtig, übertrieben oder imaginär die befürchteten Gefahren aus der Sicht von Außenstehenden sind: Für sie selbst sind sie sehr real.
Ayla: Sind sie das wirklich? Könnte es nicht auch sein, daß sie einfach ritualisiert und Gewohnheit sind? Automatismus?
Ganz bestimmt. Aber werden sie deswegen als irgend wie weniger real wahrgenommen?
Zitat:

Phobien(Ängste die ein Eigenleben entwickeln) sind behandelbar! Mit künstlich herbeigeführten Reizen und Umkehrung. Zum Beispiel würde man jemanden der Angst hat Achterbahn zu fahren vorsichtig daran gewöhnen.;)
Die Konfrontation mit den eigenen Ängsten ist sicherlich ein probates Mittel. Die Angst verliert in dem Moment ihre Macht über einen, wo man ihre angedrohten Höllenqualen von A-Z durchlitten hat.

Aber um erst einmal dafür bereit zu sein, sich seinen Ängsten auf die "schmerzhafte Tour" zu stellen, muss das Verhältnis zwischen momentanen Leiden (durch die Ängste verursacht), erwarteten Leiden (durch die Konfrontation mit diesen Ängsten), und erwarteten künftigen Wohlbefinden (ohne diese Ängste) stimmen.

Und für manch einen/eine stimmt dieses Verhältnis nie. (Um ein einfaches Beispiel zu bringen: Ich habe seit ich denken kann eine Klaustrophobie. Trotzdem würden mich keine zehn Pferde dazu bringen, eine Therapie zu machen, in deren Verlauf ich in Fahrstühle steigen muss, die irgend wo (kontrolliert) angehalten werden. Dazu leide ich einfach "nicht genug" unter dieser Phobie.)
Zitat:

Es gibt tatsächlich eine LUST an der Angst - warum sollten sich sonst Menschen JAHRELANG bestimmten Lebenssituationen entziehen WENN denn die Angst so hinderlich oder unangenehm sein soll?
Weil den Betroffenen diese Lebenssituationen, denen sie sich entziehen noch viel unangenehmer vorkommen, als das eingeschränkte Leben mit all den Ängsten.

Das hat, denke ich, weniger mit "Lust an der Angst" zu tun, als vielmehr mit der Vermeidung von Unlustgefühlen, welche die Ängste in bestimmten Situationen hervorrufen.
Zitat:

Sören hatte es mit Gott und dem Christentum. ;) Er meinte daß die Grundsituation des Menschen Angst und Verzweiflung, Krankheit zum Tode sei.
Allerdings muss man dazu wissen , daß sein Vater als Kind des Nachts in der Kälte die Schafe hüten musste. Als er 12 Jahren alt war, verleitete ihn dies einmal dazu, Gott zu verfluchen. Von dort an litt er unter der Psychose, nun in die ewige Verdammnis zu müssen. Mit dieser Psychose ausgestattet, machte er später seine gesamte Familie verrückt. Die Philosophie Kierkegaards ist ein Produkt dieser psychotischen Familienverhältnisse. ;)
Das bestätigt wohl die alte Regel: Ohne anständige Psychose keine Kreativität... :D
Zitat:

DAS verleitet mich dazu noch einmal zu fragen ob Angst angeboren ist oder in der heutigen Zeit doch vielleicht nur eine anerzogene Begleiterscheinung?
Wie bei allen menschlichen Eigenschaften, glaube ich, teils, teils. Zum einen Teil angeboren und in Intensität und Ausprägung (von den Eltern her) genetisch in Grundzügen festgelegt. Das lässt sehr viele mögliche Entwicklungsmöglichkeiten zu, schließt aber andererseits auch bestimmte Möglichkeiten aus.

Und was dann bei all den möglichen Entwicklungen am Ende konkret bei "rumkommt", wird durch die Umwelt beeinflusst bzw. festgelegt.
Zitat:

In der Psychologie wird zwischen Angst als Zustand (state anxiety) und Angst als Eigenschaft (trait anxiety) unterschieden. Während die Zustandsangst eine vorübergehende Emotion infolge einer realen Gefahr ist, führt die "trait anxiety" dazu, daß Situationen auch ohne akute Bedrohung als gefährlich eingeschätzt werden.

Wie kann ich das denn nun in der Praxis unterscheiden??? Wie soll ich denn nun meine Angst SUBJEKTIV betrachten?
Ich denke, dass es in einem praktischen Sinne völlig egal ist, wie Du Deine Angst subjektiv betrachtest. Auch wenn Du zu der Erkenntnis kommen solltest, dass sie vollkommen überflüssig und irrational ist, wirst Du sie dadurch nicht los.

Was nutzt Dir also diese Unterscheidung?
Zitat:

Du hast mich anfangs nach Schuld gefragt. "Schuld haben" ist doch etwas was uns eingeprägt wird, oder? Gibt es EMOTIONELL einen Unterschied? "Ich habe Angst Schuld zu haben". Ist das trennbar?
Für mich ist das schon trennbar. Ich kann das Gefühl haben, schuld zu sein, oder aber die Angst haben, eventuell schuld zu sein.

Schuldgefühle halte ich nicht automatisch für Angstgefühle. Aber sicherlich gehen oftmals Angstgefühle damit einher. Angst vor gesellschaftlicher Ächtung bspw...

MAXX 07.01.2007 07:28

Sind n paar interessante Sichtweisen hier, auf die ich allerdings aus Lustmangel jetzt nicht einzeln eingehen will.
Nur soviel: wenn hier von "Angst" geschrieben wird, ist mir das eigentlich zu allgemein. Unabhängig mal davon, auf was sich die Angst bezieht, gibt es auch "innerhalb" dieser einen Angst noch Phasen und Abstufungen.
Deswegen ist es auch nur begrenzt möglich, zu bewerten ob Angst über rationales Vorgehen "aberziehbar" (besser überwindbar) ist oder nicht..
In der Phase der aktiven Angst ist es vielen Menschen (allen? ) ja gar nicht mehr möglich das Thema/die Ursachen rational anzugehen, bzw. sie merken gar nicht, dass ihr Denken und das daraus resultierende Verhalten auf Angst basiert.
Wer aber behauptet (bzw. zumindest für sich erkannt hat) "Ich habe Angst", dem stehen rationale Lösungen eigentlich schon zur Verfügung.
Wenn mir also bewusst ist, das ich vor irgendetwas Angst habe, kann ich mir vorstellen die Angst sei ein kleiner Affe mit rotem Jäckchen, blauer Hose und gelber Narrenkappe, den ich mir auf die Schulter setze, und dann mein Vorhaben -mit Angst- trotzdem versuchen umzusetzen. (ich weis, dass das funktioniert! )

Kamantun 07.01.2007 15:32

Zitat:

Zitat von MAXX (Beitrag 5417)
Wer aber behauptet (bzw. zumindest für sich erkannt hat) "Ich habe Angst", dem stehen rationale Lösungen eigentlich schon zur Verfügung.
Wenn mir also bewusst ist, das ich vor irgendetwas Angst habe, kann ich mir vorstellen die Angst sei ein kleiner Affe mit rotem Jäckchen, blauer Hose und gelber Narrenkappe, den ich mir auf die Schulter setze, und dann mein Vorhaben -mit Angst- trotzdem versuchen umzusetzen. (ich weis, dass das funktioniert! )

Bis zu welcher Ausprägung/Stärke von Angst funktioniert das?

Ayla 07.01.2007 16:05

Hm.....
 
Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Klar. Aber wenn dieses "irgendwie tot" den "Normalzustand" darstellt, kann (bzw. muss) man sich auch damit irgend wie arrangieren.

Was bei einer Angstdepression schlicht unmöglich ist, da sie ALLES lähmt! Aber lass uns nicht ZU sehr in die "psychatrische" Angst einsteigen. Denn DA wollte ich am aller wenigsten hin!
Vielmehr möchte ich noch einmal dahin, ob Angst IMMER real wahrgenommen werden muss? Aus der Medizin weiss man, daß Angst auch ZUERST als Körperdefizit wahrgenommen werden kann und gar nicht als Angst von den Betroffenen realisiert wird!
DAS wiederum bringt mich dazu zu hinterfragen, ob Angst überhaupt richtig definiert, begründet oder erklärt worden ist?
Ich will Dir ein Beispiel nennen: Jemand lernt einen Menschen kennen und man findet sich sympathisch. Nun gibt es Menschen die genau an dem Zeitpunkt anfangen mit sich zu hadern. Sie "denken" sich alle möglichen Szenarien aus warum dieser Mensch nicht für eine Partnerschaft in Frage kommt. Ist das Angst??? Und wenn ja - wovor hat man dann Angst? Man kennt diesen Menschen doch gar nicht! Man weiss also nicht WAS passieren kann. Nimm mal weiter an, dieser Mensch hat noch keine lebensbedrohlichen mit Angst verbundene Situationen erlebt oder schwerwiegende Verluste erlebt. Wovor sollte also diese "Angst" dann warnen? Pauschal vor Unbekanntem? Unwahrscheinlich!
Ist "Angst" dann kontrollierbar und unterliegt der WILLENSFREIHEIT , so wie die Schuld?

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Die Konfrontation mit den eigenen Ängsten ist sicherlich ein probates Mittel. Die Angst verliert in dem Moment ihre Macht über einen, wo man ihre angedrohten Höllenqualen von A-Z durchlitten hat.

DAS halte ich wiederum für schlicht falsch. Eine latente Angst ist für manch einen gar nicht mehr wahrnehmbar - in der Gewöhnungsphase z.B.! Aber der Aspekt Angst = Macht ist für mich SEHR interessant. Bei der Schuld führt das funktionsfähiges Gewissen (Superego) zum inneren Gleichgewicht zurück. Warum ergo nicht bei der "Angst"???



Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Also ein Teufelskreis aus Nichtwollen und Nichthandeln...

Hm..."Teufelskreis"?JETZT wird mir allerdings das Wort Exorzismus vertrauter. :p Nichtwollen und Nichthandeln... Also doch nur eine "chemische" Reaktion im Hirn die lähmt? Somit ergo behandelbar! Da fallen mir ein paar Drogen ein.......


Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Und für manch einen/eine stimmt dieses Verhältnis nie. (Um ein einfaches Beispiel zu bringen: Ich habe seit ich denken kann eine Klaustrophobie. Trotzdem würden mich keine zehn Pferde dazu bringen, eine Therapie zu machen, in deren Verlauf ich in Fahrstühle steigen muss, die irgend wo (kontrolliert) angehalten werden. Dazu leide ich einfach "nicht genug" unter dieser Phobie.)

Und WER sagt Dir, daß DAS eine Phobie ist??? Und wenn da nun "Ängste" dahinter stecken, die sich auf "Umwegen nur" in DIR bekannten "Bildern" und Gefühlen darstellt, aber mit engen REALEN Räumen (Enge ist ein Symptom der Angst an sich) gar nix zu tun haben???


Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Weil den Betroffenen diese Lebenssituationen, denen sie sich entziehen noch viel unangenehmer vorkommen, als das eingeschränkte Leben mit all den Ängsten.

DAS würde ja schon fast an Weisheit grenzen! WOHER nehme ich mir das Recht zu ERKENNEN oder VORZUSTELLEN was in der ZUKUNFT passieren könnte???
Und dann auch noch REALE Angst zu empfinden? Da stimmt doch irgend etwas nicht!?


Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Das hat, denke ich, weniger mit "Lust an der Angst" zu tun, als vielmehr mit der Vermeidung von Unlustgefühlen, welche die Ängste in bestimmten Situationen hervorrufen.

Angst macht Spaß. Jeder kennt das Gefühl, befreit, beglückt, bestärkt aus der besiegten Angst hervorzugehen.....

Kinder zeigen eine ursprüngliche Lust am Gruseln. Selbst die Kleinsten sind durch Märchen, in denen aufgefressen, zu Tode getanzt und enthauptet wird, nicht überfordert. Im Gegenteil. Der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim (1903-1990) untersuchte die Bedeutung des Gruselns in Kindermärchen. Er stellte fest, dass die Begegnung mit der Angst ein unerlässliches Moment der Entwicklung ist. Kinder müssen mit Angst konfrontiert werden, um sie benennen zu können, denn nur so ist sie bewältigbar. Das Gruseln stimuliert auch die erste Auseinandersetzung mit dem Tod, ohne die, so Bettelheim, keiner zum vollen Menschen heranreifen könne.

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2005/04/Angstlust.xml

Wieso "stärken" wir uns ergo nicht, sondern laufen dann vor "unangenehmen" Dingen davon?

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Das bestätigt wohl die alte Regel: Ohne anständige Psychose keine Kreativität... :D

Ach....war DIR das neu? :D

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Ich denke, dass es in einem praktischen Sinne völlig egal ist, wie Du Deine Angst subjektiv betrachtest. Auch wenn Du zu der Erkenntnis kommen solltest, dass sie vollkommen überflüssig und irrational ist, wirst Du sie dadurch nicht los.

Falsch! Dann würden ja Konfrontationstherapien nicht greifen können. Allerdings kann ich so etwas NUR machen WENN ich MEINE Angst definieren kann - ergo MICH kenne!
Was mich zur nächsten Frage führt: WIE ist es möglich kollektive "Angst" zu erzeugen, wenn Angst nur individuell wahr genommen werden kann???


Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5413)

Schuldgefühle halte ich nicht automatisch für Angstgefühle. Aber sicherlich gehen oftmals Angstgefühle damit einher. Angst vor gesellschaftlicher Ächtung bspw...

Ängstliche Reaktionen sind schon bei Primaten und primitiveren Arten zu beobachten.
Das Gefühl "Angst" ist entwicklungshistorisch älter als die "Schuld". Was wiederum für ein "Gefühl" des Urhirns spricht. Ist das Wort "Angst" vielleicht nur letztlich eine Raummetapher und bedeutet "Enge". ?
Ist Angst die unmittelbare Registration von einem verengten Raumverhältnis? Durch aufkommende Furcht schreitet der Organismus zu Flucht, was nichts anderes bedeutet, als daß man sich verspricht durch Distanzschaffung, den "engen Ort" durch die zurückgelegte Strecke wieder zu vergrössern? Das würde aber ein sehr konfuses Bild von "Angst" zeigen und ist für mich dann überhaupt nicht mehr mit vereinzelbaren Handlungen einiger Menschen erklärbar.
Kann ein "enger Ort" ergo auch ein Mensch sein???:confused:

MAXX 07.01.2007 18:00

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5502)
Bis zu welcher Ausprägung/Stärke von Angst funktioniert das?

Da es -so vermute ich jetzt mal- keine allgemein gültigen Parameter für Angst gibt:
das wird von ganz unterschiedlichen Faktoren (z. B. wie lange hab ich die Angst "gepflegt", welche [vermeintlichen] Vorteile entstehen mir durch das Angst haben, welche Nachteile befürchte ich durch Aufgabe der Angst zu erleiden] und Vorerfahrungen sowie individuellem (Selbst-)vertrauen abhängen.
Angst ist ja schließlich immer in die Zukunft gerichtet, kann also letztendlich nur durch die -mehr oder weniger oft wiederholte- Erfahrung des "Überstehens" gelindert/abgebaut werden.
Wenn ich z.B. 50 mal mit dem Affen losmarschiert bin, und nie sind meine Befürchtungen/Ängste Realität geworden, werd ich vermutlich beim 51.mal zumindest weniger haben.
Und ein relativ angstfreies Leben lässt sich vermutlich dadurch herstellen, dass ich die 50-fachen Erfahrungen zum Thema "Angst vor X" auf das gesamte Alphabet übertrage; sprich irgendwann so selbstsicher und bewusst bin, dass mich die Erfahrungen in X dazu bringen auch mal mit dem Affen in die Erfahrung Y, B oder Z zu gehen. (etwas, dass dann von Aussenstehenden meist als "Mut" gesehen wird; aber das nur nebenbei)

Kamantun 07.01.2007 22:56

@ MAXX
Danke. Auch wenn mir noch nicht so ganz klar ist, wie das (bei mittelgroßen bis großen Ängsten) im konkreten Fall funktionieren soll/kann: Im Prinzip verstanden.

(Ist halt blöd, dass es keine allgemeingültigen Intensitätsstufen für Angst gibt. Nicht geben kann...)

@Ayla
Zitat:

Zitat von Ayla (Beitrag 5508)
Vielmehr möchte ich noch einmal dahin, ob Angst IMMER real wahrgenommen werden muss? Aus der Medizin weiss man, daß Angst auch ZUERST als Körperdefizit wahrgenommen werden kann und gar nicht als Angst von den Betroffenen realisiert wird!
DAS wiederum bringt mich dazu zu hinterfragen, ob Angst überhaupt richtig definiert, begründet oder erklärt worden ist?

Die Definitionen von Angst (zumindest, die ich gefunden habe), widersprechen Deinen Einschätzungen nicht. Klick
Daraus: "Sehr oft sind Ängste vorhanden, deren Existenz die Betroffenden nicht bestätigen können, da sie verdrängt werden. Besondere Ängste, die Charakter bestimmend sind, beschreibt Fritz Riemann. Die von ihm beschriebenen Ängste sehen nur wenige Menschen, obwohl jeder Mensch ein oder mehrere dieser Ängste besitzt."
Zitat:

Ich will Dir ein Beispiel nennen: Jemand lernt einen Menschen kennen und man findet sich sympathisch. Nun gibt es Menschen die genau an dem Zeitpunkt anfangen mit sich zu hadern. Sie "denken" sich alle möglichen Szenarien aus warum dieser Mensch nicht für eine Partnerschaft in Frage kommt. Ist das Angst???
Ich würde sagen, ja.
Zitat:

Und wenn ja - wovor hat man dann Angst? Man kennt diesen Menschen doch gar nicht! Man weiss also nicht WAS passieren kann.
Man weiß aber, was alles passieren könnte. ;)
Zitat:

Nimm mal weiter an, dieser Mensch hat noch keine lebensbedrohlichen mit Angst verbundene Situationen erlebt oder schwerwiegende Verluste erlebt. Wovor sollte also diese "Angst" dann warnen? Pauschal vor Unbekanntem? Unwahrscheinlich!
Für so unwahrscheinlich halte ich das nicht.
Aus obigen Link: "Im Alltag kann die Angst um sich latent bleiben, so lange man sich im Besitz dessen wähnt, worauf man vertraut. Das Vertrauen schlägt aber in Verzweiflung um, wenn man es verliert."
Jeder Mensch hat einen begrenzten Lebensraum, innerhalb dessen er vertraut. Nehmen wir nun mal an, dass für einen Menschen eine Partnerschaft nur außerhalb dieses vertrauten Raumes möglich wäre (für den einen ist diese Grenze identisch mit der des Universums, für den anderen liegt sie in Kolumbien und für einen dritten an der eigenen Wohnungstür) - dann wird er jede Menge Hummeln im Hintern bekommen und tausend Gründe finden, warum das mit der Partnerschaft nicht funktioniert. Zwar kann er nicht wirklich wissen, was ihn in der Fremde erwartet, aber dafür weiß er, was er zurücklassen würde: (Selbst-)Vertrauen und (Selbst-)Sicherheit.

Was ist das denn anderes als eine Angst vorm Unvertrauten, vorm Unbekannten?
Zitat:

Ist "Angst" dann kontrollierbar und unterliegt der WILLENSFREIHEIT , so wie die Schuld?
Wie könnten wir denn etwas kontrollieren, was uns doch (mehr oder weniger) selbst kontrolliert?

Einen freien Willen gibt es doch nur insofern, dass wir innerhalb eines begrenzten Spektrums frei entscheiden können. (Übertriebenes Beispiel: Ohne die entsprechenden Anlagen/Fertigkeiten kann ich kein Mathematikgenie werden - so sehr ich mir das auch wünsche.)
Zitat:

Kamantun:Die Angst verliert in dem Moment ihre Macht über einen, wo man ihre angedrohten Höllenqualen von A-Z durchlitten hat.
Ayla:DAS halte ich wiederum für schlicht falsch.
Aber auf genau diesem Prinzip basiert doch die Konfrontationstherapie, oder nicht?
Zitat:

Nichtwollen und Nichthandeln... Also doch nur eine "chemische" Reaktion im Hirn die lähmt? Somit ergo behandelbar! Da fallen mir ein paar Drogen ein.......
Am Ende aller Verhaltensweisen, Gefühle usw. steht doch immer ein hirnchemischer Prozess.

(Aber werden denn Ängste tatsächlich auch medikamentös behandelt? - Also, außer zur Symtombekämpfung...?)
Zitat:

Und WER sagt Dir, daß DAS eine Phobie ist???
Naja, wenn alle Bedingungen für eine Phobie erfüllt sind...dann nenne ich das eben eine Phobie. :D
Zitat:

Und wenn da nun "Ängste" dahinter stecken, die sich auf "Umwegen nur" in DIR bekannten "Bildern" und Gefühlen darstellt, aber mit engen REALEN Räumen (Enge ist ein Symptom der Angst an sich) gar nix zu tun haben???
Das verstehe ich nicht so ganz. (Also gut: Ich verstehe es gar nicht... :eek: )
Zitat:

Kamantun:Weil den Betroffenen diese Lebenssituationen, denen sie sich entziehen noch viel unangenehmer vorkommen, als das eingeschränkte Leben mit all den Ängsten.
Ayla:DAS würde ja schon fast an Weisheit grenzen! WOHER nehme ich mir das Recht zu ERKENNEN oder VORZUSTELLEN was in der ZUKUNFT passieren könnte???
Ich weiß, es ist illegal. Aber so sind Gehirne eben... ;)
Zitat:

Und dann auch noch REALE Angst zu empfinden? Da stimmt doch irgend etwas nicht!?
Kann man Ängste denn auch unreal empfinden?
Zitat:

Kinder zeigen eine ursprüngliche Lust am Gruseln. Selbst die Kleinsten sind durch Märchen, in denen aufgefressen, zu Tode getanzt und enthauptet wird, nicht überfordert. Im Gegenteil. Der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim (1903-1990) untersuchte die Bedeutung des Gruselns in Kindermärchen. Er stellte fest, dass die Begegnung mit der Angst ein unerlässliches Moment der Entwicklung ist. Kinder müssen mit Angst konfrontiert werden, um sie benennen zu können, denn nur so ist sie bewältigbar. Das Gruseln stimuliert auch die erste Auseinandersetzung mit dem Tod, ohne die, so Bettelheim, keiner zum vollen Menschen heranreifen könne.
Gruseln ist Angst in homöopathischen Dosen. :D
Zitat:

Kamantun:Ich denke, dass es in einem praktischen Sinne völlig egal ist, wie Du Deine Angst subjektiv betrachtest. Auch wenn Du zu der Erkenntnis kommen solltest, dass sie vollkommen überflüssig und irrational ist, wirst Du sie dadurch nicht los.
Ayla:Falsch! Dann würden ja Konfrontationstherapien nicht greifen können.
Richtig. Das war falsch. Also das von mir. ;)
Zitat:

Was mich zur nächsten Frage führt: WIE ist es möglich kollektive "Angst" zu erzeugen, wenn Angst nur individuell wahr genommen werden kann???
Weil Angst oftmals ansteckend sein kann?
Zitat:

Ist das Wort "Angst" vielleicht nur letztlich eine Raummetapher und bedeutet "Enge". ? Ist Angst die unmittelbare Registration von einem verengten Raumverhältnis?
Wenn Du "Raumverhältnis" nicht nur wörtlich nimmst (könnte bspw. auch ein Spielraum sein), denke ich, triffst Du den Nagel auf den Kopf.
Zitat:

Durch aufkommende Furcht schreitet der Organismus zu Flucht, was nichts anderes bedeutet, als daß man sich verspricht durch Distanzschaffung, den "engen Ort" durch die zurückgelegte Strecke wieder zu vergrössern? Das würde aber ein sehr konfuses Bild von "Angst" zeigen und ist für mich dann überhaupt nicht mehr mit vereinzelbaren Handlungen einiger Menschen erklärbar.
Du meinst, weil einige Angstreaktionen der Menschen nicht so recht zu dem Bild der "Distanzschaffung" passen zu scheinen, weil sie sich doch viel eher zurückziehen; also den Raum sogar noch verkleinern?

Ich sehe da nicht unbedingt einen Widerspruch, weil das Ziel des Distanzschaffens auch damit erreicht wird.

Ich denke mal, eine "Enge" kann auch immer nur in Bezug auf die Außenwelt wahrgenommen werden und die größtmögliche Distanzierung/Flucht aus dieser Enge besteht also darin, sich komplett von der Außenwelt zurückzuziehen. (Das würde zumindest die Richtung der Flucht erklären.)

In diesem Zusammenhang gibt es sicherlich noch viele interessante Gesichtspunkte: Wie verhält es sich mit Autisten; wie mit Leuten, welche ihr Leben damit verbringen in aller Welt (großer Raum!) Achttausender zu besteigen oder in Eiswüsten umherzukraxeln usw.

Ayla 08.01.2007 19:16

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5646)
Jeder Mensch hat einen begrenzten Lebensraum, innerhalb dessen er vertraut. Nehmen wir nun mal an, dass für einen Menschen eine Partnerschaft nur außerhalb dieses vertrauten Raumes möglich wäre (für den einen ist diese Grenze identisch mit der des Universums, für den anderen liegt sie in Kolumbien und für einen dritten an der eigenen Wohnungstür) - dann wird er jede Menge Hummeln im Hintern bekommen und tausend Gründe finden, warum das mit der Partnerschaft nicht funktioniert. Zwar kann er nicht wirklich wissen, was ihn in der Fremde erwartet, aber dafür weiß er, was er zurücklassen würde: (Selbst-)Vertrauen und (Selbst-)Sicherheit.

Und genau DAS zweifel ich an! Wer Selbstsicherheit oder das Selbstvertrauen hat, der geht
auch nach Tumbuktu! Wer nicht "losgeht" der ist schon VORHER "ängstlich" gewesen und
lebt in einer Scheinsicherheit. Nimm eine/n Voll-Alkoholiker/in: Er säuft weiter weil er
glaubt im Suff stark und sicher zu sein, obwohl um ihn herum schon alles zusammengebrochen ist.
Bei dem puren Gedanken an das Aufhören setzen Ängste ein. Wovor?
Vor Klarheit und diziplinierter Selbstkontrolle? Vor Lösungen seiner Probleme?

Zitat:

Zitat von Kamantun (Beitrag 5646)
Wie könnten wir denn etwas kontrollieren, was uns doch (mehr oder weniger) selbst kontrolliert?

Hm... auch das zweifel ich an. Mit der Wohlstandgesellschaft kamen auch "neue Ängste" und
ein neuer Umgang mit selbiger. Hat die "natürliche" Angst denn tatsächlich uns "im Griff"?
Oder "nehme" ich nicht heute manchmal eher "meine Ängste" weil es vermeintlich
bequemer oder risikoärmer erscheint? DAS würde dann aber doch Willensfreiheit bedeuten.


Du hast von Klaustrophobie geschrieben. Vielleicht ist die Angst vor der Enge aber nur ein
Symptom für völlig andere Ängste, die Dir gar nicht bewusst sind? Soll heissen, daß
Klaustrophobie selber gar nicht das Problem ist, sondern sich nur vor eine andere verdrängte,
vergessene oder unbenannte Angst geschoben hat?

Eine Distanzierung von der Gesellschaft aus "Angst", schafft aber auch Distanz zu sich selber.
Man verliert durch mangelnde Reflexion das natürliche Selbstbildnis und muss sich ein
"Kunst - Ich" schaffen?

Autismus möchte ich herausnehmen, da es ein sehr vielseitiges Krankheitsbild ist. Nicht
alle Autisten sind "vor Angst erstarrt" oder benötigen Rituale.

Extremangstüberwinder sind m.M. nach süchtig nach Kicks. ;)

Kamantun 09.01.2007 21:46

Zitat:

Zitat von Ayla (Beitrag 6001)
Und genau DAS zweifel ich an! Wer Selbstsicherheit oder das Selbstvertrauen hat, der geht auch nach Tumbuktu! Wer nicht "losgeht" der ist schon VORHER "ängstlich" gewesen...

Das widerspricht doch aber nicht dem, was ich geschrieben hatte?
Zitat:

...und lebt in einer Scheinsicherheit.
Inwiefern "Scheinsicherheit"? Wer aus Schißgründen nicht nach Tumbuktu geht, der ist doch vor den vermeintlichen Gefahren, welche er dort lauern sieht, "sicher" und nicht nur "scheinsicher"?
Zitat:

Nimm eine/n Voll-Alkoholiker/in: Er säuft weiter weil er glaubt im Suff stark und sicher zu sein, obwohl um ihn herum schon alles zusammengebrochen ist. Bei dem puren Gedanken an das Aufhören setzen Ängste ein. Wovor?
Vor einer ganzen Palette von Entzugserscheinungen?
Zitat:

Hat die "natürliche" Angst denn tatsächlich uns "im Griff"?
Ich meinte eher die neurotischen Ängste...
Zitat:

Oder "nehme" ich nicht heute manchmal eher "meine Ängste" weil es vermeintlich
bequemer oder risikoärmer erscheint?
Das scheint mir nicht schlüssig zu sein. Wenn ich risikoscheu bin, brauche ich mir doch nicht noch extra eine Angst zuzulegen, welche dazu führt, dass ich Risiken scheue. Gehe ich hingegen gerne Risiken ein, gibt es dafür ebenfalls null Notwendigkeit.

Da erscheint es mir sehr viel wahrscheinlicher, dass die Angst zuerst da ist - und dann erst (je nach Angstgrad/Angstfreiheit) die Eigenschaft "risikoscheu" bis "risikosuchend".
Zitat:

Du hast von Klaustrophobie geschrieben. Vielleicht ist die Angst vor der Enge aber nur ein Symptom für völlig andere Ängste, die Dir gar nicht bewusst sind? Soll heissen, daß
Klaustrophobie selber gar nicht das Problem ist, sondern sich nur vor eine andere verdrängte,
vergessene oder unbenannte Angst geschoben hat?
Hm, ich weiß nicht recht. Da ich schon von Kleinauf klaustrophobisch bin (nicht ganz so schlimm; Fahrstuhl fahren geht bspw. auch, wenn nur genug Treppen zu steigen sind ;) ), und ich darüber hinaus das "Auslöseerlebnis" zu kennen glaube (im Alter von etwa 4/5 Jahren); müssten also diese verdrängten Ängste ihre Ursachen noch früher haben. Soweit kann ich allerdings nicht zurückschauen...
Zitat:

Eine Distanzierung von der Gesellschaft aus "Angst", schafft aber auch Distanz zu sich selber. Man verliert durch mangelnde Reflexion das natürliche Selbstbildnis und muss sich ein
"Kunst - Ich" schaffen?
Klingt sehr schlüssig. Andererseits: Haben bspw. Autisten kein "richtiges", sondern nur ein "Kunst-Ich"?
Zitat:

Autismus möchte ich herausnehmen, da es ein sehr vielseitiges Krankheitsbild ist. Nicht alle Autisten sind "vor Angst erstarrt" oder benötigen Rituale.
Ich hatte Autisten nicht wegen der Angst erwähnt, sondern wegen ihrer (freilich unterschiedlich ausgeprägten) Distanzierung von der Umwelt.
Zitat:

Extremangstüberwinder sind m.M. nach süchtig nach Kicks.
Und auch bei den Extrembergsteigern/Eiswüstenkraxlern ging es mir nicht um etwaige Angstüberwindungen, sondern um ihre Distanzschaffung zur menschlichen Umwelt/Gesellschaft. (Schau Dir bspw. den Messner an: Wovor rennt der eigentlich schon sein ganzes Leben lang weg? :D )

Ayla 17.01.2007 13:26

Was denn..
 
nun? Sind wir nun "ängstlicher" als die Menschen "früher" oder nicht? Die Ärztewissenschaftler beklagen zumindest eine Zunahme von Angstpatienten und die Stationen auf den Psychiatrien sind überfüllt. Beim Püschologen gibt es meist Wartezeiten von 6-12 Monaten.

WIE heisst denn unser "Feind" heute, wenn die Ängste zunehmen?


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