Thema: "Angst"
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Alt 27.12.2006, 11:06
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Standard "Angst essen Seele auf" (oder so ähnlich heisst ein erfolgreicher Roman))

Es hat mich nicht gestört - lediglich verwundert - das gerade ihr beide in euren ersten Komm´s in diesem topic "Angst" mit "Schiß haben" gleichgesetzt habt. Aber ich freue mich über den Umstand, dass wir m.M. nach jetzt tiefer in dieses Thema einsteigen.

@ Kamantun
Zitat:
Zitat von Kamantun Beitrag anzeigen
Angst existiert bestimmt nicht einfach so, um uns das Leben schwer zu machen. Sie hat, denke ich, eine wichtige, positive Funktion: Uns möglichst lange am Leben zu erhalten.
Ich habe deinen Satz mehrmals gelesen und mag trotzdem nicht meinen Frieden damit finden. Warum dem so ist, mag ich kurz erläutern: Meines Erachtens spielst du eher auf den Selbsterhaltungstrieb an. Die "Angst den Löffel abzugeben" scheint mir aber nicht als das passenste Beispiel; obwohl gerade diese eine der zutiefst verwurzelten Ängste (...wenn nicht "die"...) eines jeden Lebewesens scheint !? Aber geht es da nicht eigentlich ursprünglich um die Erhaltung der Art ?
In einem meiner Kommentare habe ich die "Todesangst" eines Soldaten angesprochen. Das er <Angst> haben darf & muss ist ja wohl unumstritten. Als Kriegsdienstverweigerer - ohne Familie und auf einem warmen Sofa sitzend - erlaube ich mir dennoch diese Angst zu interpretieren. Welche Motivation lässt ihn seinen Scheissjob weiterhin durchstehen ? Die Angst vor dem Tod oder die Sorge (=auch Angst) um seine Frau und seine Kinder ?
Ich hoffe du erkennst den mir so wichtigen Unterschied in der Betrachtungsweise ?

"Angst haben" und "Schiss haben" sind für mich zwei unterschiedliche Gefühle. Die Angst um meine eigene Haut kann ich bekämpfen - die Angst um das Wohlsein meiner Lieben ist unbesiegbar. Ein ganzer Wulst von neuen Gefühlen geht mit dieser Angst einher: Sorge, Liebe, Verantwortung und Sehnsucht mögen die stärksten davon sein...?

@ Maxx
Richtig. Ich schulde dir meine persönliche Definition von "normaler" und "krankhafter" Angst.
Wie du weisst habe ich beruflich mit alten kranken dementen Menschen zu tun. Irgendwann prägt sich in diesem Krankheitsbild fast immer ein "innerer Umbruch" heraus. Diese Phase wirkt sich besonders belastend auf meine Arbeit aus. Die Alten "ahnen" das irgendetwas in ihrem Leben nicht mehr so ganz stimmt und konzentrieren all ihre verbliebene Energie darauf, diese persönlichen "Manko´s" mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auszugleichen.

Auf der einen Seite leiden sie darunter, morgens im eingekoteten Bett und einer Urinlarche aufzuwachen, andererseits verweigern sie aber auch Hilfe bei der täglichen Körperpflege. In solchen Momenten bin ich genötigt meine "pflegerische Kompetenz" herauszukehren und auch gegen den Willen meiner Jungs & Mädels den Waschlappen zu schwingen. Sie wissen das sie Hilfe benötigen - haben aber Angst davor dies öffentlich einzugestehen und diese Hilfe auch anzunehmen.
Meine KollegInnen nennen das dann "angewandte Grundpflege" - ich nenne es "Brechen von Persönlichkeit". Was mich immer wieder tief erschüttert ist der Umstand, dass es mir unmöglich ist, meinen Jungs & Mädels die Angst zu nehmen ! Das ist wirklich so. Vielleicht denkst du in diesem Moment an den Begriff "Schamgefühl" ? Dieses Unwort wird unseren Auszubildenden <eingeimpft>; damit sie guten Gewissens die Angst unserer Alten nicht so deutlich zu spüren vermögen.

Die Angst meiner Alten ist nicht der Tod, sondern das Leiden. Gilt das auch für uns ?
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"Neue Besen kehren gut - aber die Alten wissen, wo der Dreck steckt !"
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